Schutzrohre für Pt100-Widerstandsthermometer und Thermoelemente
Schutzrohre (auch Tauchhülsen genannt) sind Hohlkörper, die als Schutzvorrichtung für Thermometer oder andere Temperaturmessgeräte dienen.Sie werden direkt in die zu messenden Medien eingeführt und trennen das Thermometer mechanisch und thermisch vom zu messenden Medium.
Das Thermometer selbst kommt so nicht in direkten Kontakt mit der Flüssigkeit, dem Gas oder anderen Stoffen, was sowohl die Lebensdauer des Geräts verlängert als auch Umwelt und das Bedienpersonal schützt.
Bei korrektem Einbau und Auslegung des Schutzrohres, herrscht im Inneren des Schutzrohres die gleiche Temperatur wie im Prozess. Abhängig vom Aufbau kommt es bei Temperaturänderungen zu einer zeitverzögerten Temperaturanpassung zwischen Medium und Temperatursensor.
Schutzrohre ermöglichen den Austausch des Widerstandsthermometers bei laufendem Betrieb und somit eine unterbrechungsfreie Wartung oder Austausch des Sensors.
Der Einbau erfolgt meist bei kritischen Einsatzbedingungen, wie aggressiven Medien, hohen Drücken oder auch hohen Strömungsgeschwindigkeiten.
Bauformen von Schutzrohren
- Einteilige Schutzrohre
Einteilige Schutzrohre werden aus massiven Stangenmaterial gedreht.
Der Einsatz erfolgt meist bei hohen prozessseitigen und hohen chemische Belastungen
Die max. Länge ist aus fertigungstechnischen Gründen (Tiefbohrung) derzeit auf 2 m begrenzt. Werden längere Schutzrohre benötigt, dann werden mehrere gebohrte Teile zusammengeschweißt.
In der Petrochemie werden fast ausschließlich einteilige Schutzrohre eingesetzt.
- Mehrteilige Schutzrohre
Mehrteilige Schutzrohre werden aus einem Rohr hergestellt, dass an der Spitze durch ein Bodenteil verschlossen wird. Am anderen Ende des Rohres ist normalerweise ein Gewinde zur Aufnahme des Temperatursensors oder weiterer Anschlussteile wie Halsrohre oder Flansche angebracht.
Der Einsatz erfolgt bei geringen oder mittleren Prozessbelastungen.
Die max. Länge beträgt oft mehrere Meter. Häufiger Einsatz in der Chemie, Apparate- und Maschinenbau.
- Schutzrohre nach DIN
Die häufigsten Schutzrohre sind in der DIN-Norm 43772 festgelegt und beschrieben.
Damit werden Hersteller- und Länderunabhängige Standards definiert, die eine gewisse Qualität, Sicherheit und Austauschbarkeit der Temperaturmessgeräte gewährleisten.
Durch die Festlegung der zu verwendenden Materialien, Abmessungen und Wandstärken können die maximalen Betriebsdrücke bei verschiedenen Temperaturen in Diagrammen abgelesen werden.
In vielen älteren Anlagen sind oft noch Schutzrohre nach der alten DIN-Norm 43763 verbaut.
Als Hilfe bei Erneuerung der Schutzrohre oder Austausch der Thermometer-Messeinsätze, finden sie nachfolgend eine Gegenüberstellung der alten Norm 43763 zur neuen Norm 43772.
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Vergleich DIN 43763 (alt) zu neuer DIN 43772DIN 43763 (alt)
FormDIN 43772
FormBauform/AnschlussEinbaulänge
L1Gesamtlänge
L3A1ohne500517710727100010171400141720002017B12GG 1/2 A160305B2G 1/2 A250395B3G 1/2 A400545C1G 1 A160305C2G 1 A400545D14zum einschweißen65140D2125200D365200D5125260E13konisch,
mit Rand für Überwurfmutter225307E2285367E3345427F13Fkonisch,
mit Flansch225307F2285367F3345427G13Gkonisch,
mit G 1 A225307G2285367G3345427
- Schutzrohre in Sonderbauformen
Schutzrohre in Sonderbauform sind speziell produzierte Schutzvorrichtungen, die bei extremen Betriebsbedingungen eingesetzt werden. Sie dienen dazu, Temperatursensoren vor mechanischen Belastungen, Druck und aggressiven Medien zu schützen. Der häufigste Einsatz erfolgt, wenn die in der DIN festgelegten Einbaulängen für den Prozess nicht ausreichend sind.
Ihre Auslegung erfordert eine präzise Planung und Fertigung, wobei nachfolgende Punkte berücksichtigt werden sollten:- Material
Die Auswahl des Materials erfolgt hauptsächlich nach der chemischen Beständigkeit gegenüber dem Medium. Häufig werden verschiedene Edelstahllegierungen verwendet.
Bei besonderen Anforderungen werden auch Hochtemperaturlegierungen wie Inconel®, Hastelloy®, Monel® oder Beschichtung aus PTFE, Halar® oder Stelit® verwendet. - Max. Temperatur
Bei der Materialauswahl für die Schutzhülse muss neben der chemischen Beständigkeit des Material die zulässige Höchsttemperatur berücksichtigt werden.
Häufig kommen Hochtemperaturlegierungen wie Inconel®, Hastelloy®, Monel® oder spezielle Edelstahllegierungen zum Einsatz.
Eine thermische Isolierung kann zusätzlich erforderlich sein, um die Funktionalität des Thermometers zu gewährleisten. - Max. Druck
Die Druckberechnung erfolgt auf Basis von Normen wie ASME oder DIN.
Entscheidend für die Druckfestigkeit sind die Wandstärke und Materialeigenschaften des Schutzrohres. Zu beachten ist, je dicker die Wandstärk, desto länger die Ansprechzeit.
Neben dem Betriebsdruck sind auch Spitzendrücke und ein Sicherheitspuffer gemäß Normvorgaben zu beachten.
Für Anwendungen in Hochdruckumgebungen (> 200 bar) werden oft einteilige Schutzrohre verwendet. - Schwingungsberechnung
Schwingungsanalysen sind bei Schutzrohren in Sonderbauform unerlässlich, da resonante Frequenzen die mechanische Stabilität gefährden können.
Methoden wie die Finite-Elemente-Analyse (FEA) oder nach ASME PTC 19.3 TW-2016 ermöglichen präzise Berechnungen. Die Länge, der Durchmesser und die Strömungsgeschwindigkeit des Mediums spielen hierbei eine zentrale Rolle.
Eine optimierte Geometrie und gegebenenfalls Dämpfungssysteme verhindern Resonanzschwingungen und somit einen Bruch des Schutzrohres.
Einige Hersteller bieten kostenlose Berechnungstools an oder liefern die Schwingungsberechnung zum produzierten Schutzrohr. - Zeugnisse / Prüfungen
Bei Schutzrohren in Sonderbauform wird oftmals vom Kunden auch ein 3.1 oder 3.2 Werkszeugnis nach DIN EN 10204 gefordert.
Die Zeugnisse bestätigen, dass das gelieferte Material mit den Anforderungen der Bestellung übereinstimmt, und enthalten spezifische Prüfergebnisse (z. B. chemische Zusammensetzung, mechanische Eigenschaften).
Die Prüfungen werden vom Hersteller selbst durchgeführt, und die Ergebnisse werden von dessen Qualitätssicherungsabteilung bestätigt.
Beim 3.2 Werkszeugnis wird die 3.1 Prüfung durch eine unabhängige Stelle oder den Kunden selbst überwacht oder verifiziert. Das wird z.B. bei sicherheitskritischen Anwendungen, wie bei der Luft-/Raumfahrt, Schiffsbau oder Hochdruckanwendungen gefordert.
Der Nachweis einer Innen- oder Außendruckprüfung geben zusätzliche Sicherheit bei kritischen Anwendungen.
- Material
Anschluss von Schutzrohren
- Einschraubanschluss (Gewindeanschluss)
Das Schutzrohr wird über ein Außengewinde (meistens BSP, NPT oder metrisches Gewinde) in eine entsprechende Gewindebohrung oder Gewindestutzen im Behälter, Rohr oder der Apparatur eingeschraubt.
Der Gewindeanschluss wird vorwiegend bei moderaten Temperaturen und Drücken eingesetzt.
Die Abdichtung erfolgt mit Dichtungsringen (z. B. Kupfer, PTFE, FKM) oder mit Dichtband (z. B. Teflonband) bei NPT-Gewinden.
Vorteile: Einfach zu montieren, weit verbreitet, gute Abdichtung.
- Flanschanschluss
Das Schutzrohr wird über einen Flansch (z. B. DIN, ANSI oder JIS) an ein Gegenflanschsystem angeschlossen.
Der Flanschanschluss wird vor allem in der chemischen und petrochemischen Industrie sowie bei Hochtemperatur- oder Hochdruckanwendungen eingesetzt.
Die Abdichtung erfolgt mit Flachdichtungen (z. B. Graphit, PTFE, Metall) oder bei Hochdruckanwendungen mit Spiraldichtungen oder Metallringdichtungen.
Vorteile: Ermöglicht einfache Demontage und sichere Abdichtung durch Dichtungen.
- Schweißanschluss
Das Schutzrohr wird direkt in das System eingeschweißt.
Ideal für extreme Bedingungen wie hohe Drücke, aggressive Medien oder starke Vibrationen.
In der Petrochemie ist das eingeschweißte Schutzrohr Standard.
Vorteile: Maximale Dichtigkeit und Stabilität und keine Gefahr von Leckagen durch mechanische Verbindungen.
- Sanitär-, Hygiene- oder Lebensmittelanschluss
Der Sanitär-, Hygiene- oder Lebensmittelanschluss wird überall dort eingesetzt, wo hygienische Bedingungen erforderlich sind.
Die Lebensmittelindustrie, Getränkeindustrie, Pharmaindustrie sind typische Einsatzgebiete.
Der Hygieneanschluss garantiert leichte Reinigung, ohne Bildung von sogenannten Toträumen in denen Produktreste verbleiben können, die dann zu Keimbildung und Verunreinigung des Produktes führen können.
Weiterhin ermöglichen die Hygieneanschlüsse einen schnellen Austausch des Schutzrohres, oft ohne zusätzliches Werkzeug. Im Markt sind viele genormte, hygienische Verschlüsse zu finden (z. B. Tri-Clamp, Milchrohrgewinde).
Vorteile: Leichte Reinigung, vermeidet Toträume, leichter Austausch.
Material von Schutzrohren
Schutzrohre werden überwiegend aus Edelstahl oder bei mechanischen Thermometern aus Messing hergestellt.Liegen besondere Betriebsbedingungen vor, werden Sonderlegierungen wie Hastelloy®, Inconel® oder Monel® eingesetzt.
Bei hoher chemischer Beanspruchung werden auch Teil- oder Vollauskleidungen aus Kunststoff (z.B. PTFE), Halar® oder Stelit® verwendet.
Sehr hohe Temperaturen oder bestimmte aggressive Gasen, erfordern den Einsatz von keramischen Schutzrohren.
Bei der Auswahl des Schutzrohrmaterials ist immer die chemische Beständigkeit gegenüber dem Medium und die max. zulässige Temperatur und Druckbelastbarkeit des Materials zu berücksichtigen.